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Ganymed und die drei persischen Prinzen

Ein Beitrag von Dr. Matthias Kromayer
Managing Partner der MIG Capital AG

Es soll Zeitgenossen geben, die allen Ernstes glauben, der Erfolg des Forscher- und Unternehmer-Ehepaars Türeci-Sahin beruhe vor allem auf Glück. Die SARS-CoV-2-Pandemie habe, so ihre Sicht, dem ehemalige MIG Portfoliounternehmen unerwartet die Gelegenheit in den Schoß gelegt, die bis dahin angeblich noch völlig unerprobte mRNA-Technologie unter Ausnahmebedingungen für die Entwicklung eines Impfstoffes einzusetzen. Manche besonders gebildete Kritiker bemühen dann das persische Märchen Die drei Prinzen von Serendip, die ohne Plan und Vorsatz in die Welt ziehen und ganz zufällig unerwartete, auch wertvolle, Entdeckungen machen. „Serendipität“ also sei die Grundlage für BioNTechs Erfolg.

 

Ich finde, mehr kann man nicht danebenliegen. Es genügt, Joe Millers atemberaubendes Buch Projekt Lightspeed zu lesen, um zu verstehen, welcher langfristige Plan hinter dem Wirken der beiden Krebsforscher, Immuningenieure und Biotechunternehmer steht. Den endgültigen Beleg für ihr weitsichtiges Vorgehen liefert nun der japanische Pharmakonzern Astellas. Ende 2016 hat er das MIG Portfoliounternehmen Ganymed gekauft und dafür zunächst 422 Mio. Euro bezahlt.

 

Ganymeds Zolbetuximab eine Erfolgsgeschichte

 

Das eigentlich Wertvolle am Mainzer Biotechunternehmen ist ein Medikament namens Zolbetuximab. Es soll sich an eine auffällige Oberflächenstruktur bestimmter Krebszellen anheften und so den Angriff des Immunsystems auf den Tumor auslösen. Das Besondere daran: Özlem Türeci, Ugur Sahin und ihr Team bei Ganymed hatten die Zielstruktur selbst entdeckt, genau erforscht und aus hunderten anderen Kandidaten als „ideales“ Ziel für eine Immuntherapie ausgewählt.

 

Anschließend hatten sie das Medikament dagegen selbst entworfen und bis durch die Phase II der klinischen Forschung entwickelt und dabei demonstriert, dass es grundsätzlich wirksam ist. Jetzt berichtet Astellas – zunächst nur per Schlagzeile –, dass Zolbetuximab auch in der ersten von zwei großangelegten Phase III-Studien in Patienten mit Magen- und Speiseröhrenkrebs die Erwartungen erfüllt hat. Die Details wird der Pharmakonzern wohl auf einem der nächsten internationalen Krebskongresse vorstellen. Parallel dazu dürfen wir annehmen, dass Astellas schon die Vermarktungszulassung vorbereitet.

 

Für die Anleger der beteiligten MIG Fonds bedeutet Astellas‘ Meldung, dass weitere Meilensteinzahlungen aus dem Verkauf in greifbare Nähe rücken

 

Eines ist aber jetzt schon klar: Einer der langfristigen Pläne des Mainzer Forscher- und Unternehmerpaares scheint tatsächlich aufgegangen zu sein. Sie gehören damit zu einem äußerst exklusiven Kreis von Forschern, die ein Medikament entlang der gesamten Wertschöpfungskette von der Forschung im Reagenzglas über die Präklinik und die (erfolgreiche) Erprobung am Menschen selbst verantwortet und durchgeführt haben. Was für eine Lebensleistung!

 

Meilensteinzahlungen für MIG Anleger

 

Astellas bekam nun das Produkt auf dem Silberteller serviert und musste es „nur“ noch über die Ziellinie tragen. Übrigens: Astellas prüft Zolbetuximab zusätzlich in Patienten mit Bauchspeicheldrüsenkrebs, bekanntlich einer bislang nicht wirksam behandelbaren Erkrankung. Sollte das Medikament auch gegen diese Erkrankung wirksam sein, müssten wir neue Lobeslieder auf die Professoren Türeci und Sahin singen.

 

Für die Anleger der beteiligten MIG Fonds bedeutet Astellas‘ Meldung, dass weitere Meilensteinzahlungen aus dem Verkauf in greifbare Nähe rücken (für die wir uns wahrscheinlich noch ein Jahr gedulden müssen). Diese zusätzlichen Kaufpreiskomponenten beweisen, dass „strukturierte“ Deals mit einer Abschlag- und späteren Meilensteinzahlungen unter bestimmten Umständen attraktiver sein können als eine Einmalzahlung – dann nämlich, wenn die Erfolgsaussichten eher gut sind.

 

Die Meldung belegt zuletzt aber auch, dass wir das Geld unserer MIG Anleger ganz offensichtlich in zwei Ausnahmepersönlichkeiten der biomedizinischen Forschung investiert haben. Und künftig wird niemand mehr die beiden in die Nähe persischer Märchenfiguren stellen.

30. November 2022 | Foto: HMW

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